Risspilze

von Dieter Gewalt

Risspilze (Inobybaceae) sind eine schwierige Familie, mit der sich nur wenige Pilzfreunde befassen wollen. Für Speisepilzsammler sind sie ohne Bedeutung. Da fast alle giftig sind, sollte man zumindest so viel über sie wissen, damit sie nicht versehentlich im Sammelkorb für Speisepilze landen. Einige werden in der Literatur sogar als tödlich giftig bezeichnet.

Der Name Risspilz bezieht sich auf die häufig vom Rand her aufgerissene Huthaut, was allerdings kein Alleinstellungsmerkmal für die Gattung ist. Rissige Hutränder kommen auch in anderen Gattungen vor. Grauweißliche bis graue Lamellen, die bei Reife der Fruchtkörper durch ausfallendes Sporenpulver allmählich braun werden (siehe nachfolgendes Foto), sind in Verbindung mit anderen Eigenschaften schon eher ein richtungsweisendes Merkmal.

Der Ziegelrote Risspilz (Inocybe erubescens) hat jung weißgraue, später braune Lamellen. Er ist der am häufigsten für Vergiftungen verantwortliche Risspilz. Er wird immer wieder mit dem Maipilz Calocybe gambosa verwechselt.

Auch ein spermatischer Geruch ist typisch für eine Vielzahl von Risspilzen. Er kommt nur in wenigen anderen Gattungen vor. Risspilze sind kleine bis mittelgroße Pilze. Hutbreiten von 8 - 10 cm werden nur selten erreicht oder überschritten. Die Hüte sind meist kegelig bis zipfelig geformt oder flach mit Buckel, ihre Oberfläche ist filzig, wollig, fein bis grob radialfaserig, auch schuppig oder bereift, nur selten glatt oder fast glatt. Die Stiele können unterschiedlich lang sein, sind aber bei manchen Arten auffallend kurz (Länge weniger als Hutbreite). Für die Bestimmung wichtig ist die bereifte Stielbekleidung. Sie kann auf ganzer Länge oder nur teilweise vorhanden sein oder auch fehlen. Die einzelnen Härchen sind schon mit einer gut vergrößernden Lupe sichtbar. Dabei handelt es sich um sogenannte Kaulozystiden, die für die mikroskopische Artbestimmung von Bedeutung sind. Ist eine solche vorgesehen, ist unbedingt darauf zu achten, dass die Stiele weder bei der Entnahme noch danach angefasst werden. Die Stielbasis kann bei manchen Arten knollig verdickt und dabei rundlich oder kantig sein.

Ein wichtiges Merkmal der Risspilze ist auch das Velum, das ähnlich wie bei den Cortinarien (Schleierlingen) in Form spinnwebartiger Fäden Hutrand und Stiel verbindet. Es ist allerdings nur bei ganz jungen Pilzen und nicht bei allen Arten sichtbar und sehr flüchtig. Zurück bleiben dann unauffällige Reste an Hutrand und Stiel, am Hutrand als winzige Hautfetzen, am Stiel als feiner Belag, an dem ausfallendes Sporenpulver haften bleiben und die betroffene Zone schwach bräunlich verfärben kann, oder auch als unscheinbarer Ring. Das Sporenpulver der Risspilze ist tabakbraun. Die Sporen sind elliptisch, bohnen- oder eiförmig und können sowohl glatt als auch höckerig sein.

glatte Sporen (Inocybe pisciodora) -- höckerige Sporen (Inocybe mixtilis)

Risspilze sind eine sehr artenreiche Familie. In Mittel- und Nordeuropa sind inzwischen etwa 600 Arten sicher nachgewiesen und es werden laufend weitere neu beschrieben. Sie gehen als Mykorrhizapartner Lebensgemeinschaften mit Bäumen ein und können daher überall vorkommen wo Bäume wachsen: in Wäldern, Gärten, Parkanlagen, Friedhöfen etc., besonders häufig findet man sie an Waldwegrändern.

Makroskopisch sind nur wenige Arten eindeutig erkennbar, so dass zur sicheren Artbestimmung mikroskopische und chemische Merkmale berücksichtigt werden müssen. Auch DNA-Analysen spielen eine zunehmend wichtige Rolle. Im Bestimmungsschlüssel von Meinhard Moser (1983) findet sich auf Seite 312 eine Zusammenstellung makroskopisch erkennbarer Arten.

Die Gattung der Risspilze wurde 2019 (Matheny et al) aufgespalten. Die meisten Arten sind in der Gattung Inocybe verblieben. Neu hinzugekommen sind Mallocybe, Inosperma und Pseudosperma. Risspilze dieser drei Gattungen haben glatte rundliche Sporen, aber keine Pleurozystiden. Um die jeweilige Gattungszugehörigkeit zu ermitteln, werden inzwischen auch komplizierte Analysen mittels DNA-Sequenzierungen vorgenommen, die nicht jedermann zugänglich sind. Die Gattung Inocybe wird traditionell in Arten mit glatten und höckerigen Sporen aufgeteilt. Der Unterschied zwischen glatten und höckerigen Sporen kann jedoch in einigen Fällen fließend sein - ein weiteres Problem, das die Bestimmung von Risspilzen so schwierig macht.

Inocybe adaequata = Weinroter Risspilz (jetzt: Inosperma adaequatum) -- Inocybe asterospora = Sternsporiger Risspilz
Inocybe erubescens = Ziegelroter Risspilz (jetzt: Inosperma erubescens) -- Inocybe geophylla = Seidiger Risspilz
Inocybe godeyi = Rötender Risspilz -- Inocybe melanopus = Braungestiefelter Risspilz
Inocybe mixtilis = Gerandetknolliger Risspilz -- Inocybe pisciodora = Fischgeruch-Risspilz (jetzt: Inosperma pisciodora)
Inocybe queletii = Weißtannen-Frühlingsrisspilz -- Inocybe rimosa = Kegeliger Risspilz (jetzt: Pseudosperma rimosum)

Links zu Risspilzporträts im Fundkorb:

Inocybe adaequata = Weinroter Risspilz (jetzt: Inosperma adaequatum)
Inocybe asterospora = Sternsporiger Risspilz
Inocybe erubescens = Ziegelroter Risspilz (jetzt: Inosperma erubescens)
Inocybe geophylla = Seidiger Risspilz
Inocybe godeyi = Rötender Risspilz
Inocybe melanopus = Braungestiefelter Risspilz
Inocybe mixtilis = Gerandetknolliger Risspilz
Inocybe pisciodora = Fischgeruch-Risspilz (jetzt: Inosperma pisciodora)
Inocybe queletii = Weißtannen-Frühlingsrisspilz
Inocybe rimosa = Kegeliger Risspilz (jetzt: Pseudosperma rimosa)

Weiterführende Literatur:

Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Dieter Gewalt.
Zuletzt aktualisiert am 25. Januar 2024