Mycena adscendens

Zarter Helmling, Körniger Rindenhelmling

(Lasch) Maas Geest. 1981
Familie: Mycenaceae
© Dieter Gewalt
Synonym: Mycena tenerrima
adscendens = aufsteigend
Foto: Norbert Kühnberger

Rindenhelmlinge sind eine Gruppe von Mycena-Arten in den Sektionen Supinae und Sacchariferae. Letztere ist überwiegend durch mikroskopische Merkmale definiert. Die Cheilozystiden sind spindelig, keulig, birnen- oder flaschenförmig mit einem wurm- oder nadelförmigen Schnabel. Es sind kleine Arten mit Hutdurchmessern von weniger als einem Zentimeter, die Hüte sind weiß oder weißlich und fein bereift bis flockig.

Als typischen Rindenhelmling kann man Mycena adscendens nicht bezeichnen. Er besiedelt zwar bemooste wie unbemooste Baumrinde, kann aber genau so gut auf am Boden liegenden Ästen oder Holzresten wachsen. Lt. Breitenbach & Kränzlin soll er sogar auf Pflanzenresten und Kräuterstängeln vorkommen. Seine Erscheinungszeit ist Spätsommer bis in den Winter. So selten, wie Literaturangaben glauben machen, scheint mir die Art gar nicht zu sein.

Foto: Norbert Kühnberger

Mit der Merkmalskombination “kleine weiße Fruchtkörper, fein bereifte Hüte, meist glatte oder auch leicht bereifte Stiele mit kleinem Basalscheibchen” ist die Art makroskopisch recht gut charakterisiert. Es macht auch Sinn, die Anzahl der Lamellen zu prüfen. Diese schwankt zwischen 7 und 14. Bei Funden an aufrechten Baumstämmen kommen noch die meist verbogenen Stiele als Merkmal hinzu. Für eine zweifelsfreie Bestimmung empfiehlt sich natürlich eine mikroskopische Prüfung (z. B. Sporen, Schnallen, Cheilozystiden).

Am 22. November 2023 sorgte ein Fund von winzigen weißen Helmlingen auf einem Rosskastaniensamen (Aesculus hippocastanum) für Irritation, da es in der mir zugänglichen Literatur keine Hinweise auf Vorkommen an solchen Substraten gab. Die Hüte hatten eine Breite von maximal 1 mm, die fädigen Stiele waren bis zu 4 mm lang, nahezu kahl bis etwas feinflockig und hyalin, die Basalscheibchen filzig behaart. Anzahl der Lamellen ca. 9 - 12.

Die Fundstelle befand sich in Dietzenbach in einer Parkanlage im Carré Rodgaustraße, MTB 5918.4.3 (wenige Kilometer südlich von Frankfurt am Main). Gefunden von Tui Gewalt.

Bild 03_DG -- Bild 04_DG -- Bild 05_HL

Am 26. November 2023 gelang ein weiterer Fund an gleicher Stelle, diesmal an der Innenseite einer aufgeplatzten Samenschale. Bedeutsam erschien uns die Nähe (15 m) zu einer Weide, an deren Rinde Mycena adscendens schon mehrfach nachgewiesen worden war.

Bild 06_DG -- Bild 07_FK Sporen

Mikroskopische Nachprüfungen von Hermine Lotz-Winter und Frank Kaster bestätigten, dass es sich bei beiden Funden zweifelsfrei um die genannte Art handeln musste. Die Mikromerkmale wurden von Hermine Lotz-Winter wie folgt beschrieben:
Lamellentrama: dextrinoid
Sporen: ca. 9 x 5 µm, breitelliptisch, mit Tropfen, amyloid
Basidien: nur wenige gut sichtbar, zweisporig, keulig, 15 x 6 µm. Im Präparat älterer Fruchtkörper auch einige kollabierte viersporig

Bild 08_FK: Basidien 2-sporig -- Bild 09_HL: Cheilozystiden

Cheilozystiden: keulig, bauchig oder auch langgestreckt, zum Teil glatt, aber meist mit Warzen oder kurzen Auswüchsen bedeckt, häufig gegabelt und geschnäbelt
Huthauthyphen: ca. 10 µm breit,etwas aufgeblasen, kettenförmig, meist warzig. Ablösende Terminalzellen kugelig bis birnenförmig, mit Warzen oder auch kurzen Auswüchsen, bis 50 µm Ø

Bild 10_FK: Huthaut -- Bild 11_FK: Caulozystiden

Stielzellen: glatt, bis 4 µm breit, Caulozystiden glatt, schmal zylindrisch, stumpf oder zugespitzt endend Basalscheibchen: mit ähnlichen Zystiden, aber kürzer Schnallen: häufig

Fazit lt. Hermine Lotz-Winter: Die Kombination aus weißen bis zart grauen, winzigen Fruchtkörpern mit Basalscheibchen und flockigem Hut, sowie den elliptischen, amyloiden Sporen, den geschnäbelten, warzigen Cheilozystiden, der warzigen Huthaut mit ablösenden Akanthozysten sowie den glatten Stielhyphen und Caulozystiden führen zur Artbestimmung. Aus meiner Erfahrung sind die geschnäbelten (rostraten) Cheilozystiden bei sehr jungen Fruchtkörpern, die noch unentwickelte Basidien haben, oft schwer zu finden, bei älteren sind sie reichlich vorhanden. Bestimmt wurde nach Aronsen & Laessoe (2016).

Fotos 03 - 11: DG = Dieter Gewalt, FK = Frank Kaster, HL = Hermine Lotz-Winter

Helmlinge mit Basalscheibchen:

Mycena adscendens Zarter Helmling, Körniger Rindenhelmling
Mycena bulbosa Knolliger Binsen-Helmling
Mycena clavularis Teller-Postamenthelmling, Scheibchenhelmling
Mycena longiseta Haariger Helmling (= M. aciculata)
Mycena mucor Gefalteter Scheibchenhelmling
Mycena nucicola Nuss-Helmling
Mycena rhenana Flockenstieliger Helmling
Mycena stylobates Postament-Helmling
Mycena tenuispinosa Gelatinösstacheliger Helmling

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Weiterführende Literatur:

Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Dieter Gewalt.
Zuletzt aktualisiert am 11. Februar 2023