Lactarius deliciosus
Edelreizker
Für alle, die über den Tellerrand der üblicherweise aus Röhrlingen bestehenden Pilzpfanne hinausblicken und sich an Pilze mit Lamellen wagen, eröffnen sich neue und ungeahnte Geschmackserfahrungen. Als Beispiele seien hier die Sprödblättler genannt, also Täublinge und Milchlinge. Unter letzteren sind es vor allem der Brätling und der Edelreizker, die den Gaumen verwöhnen können. Während der Brätling erst ab Mittelgebirgslagen gefunden wird und in vielen Regionen rar geworden ist, ist der Edelreizker auch in der Rhein-Main-Ebene weit verbreitet, wenn auch nicht überall häufig. Wer ihn sammeln möchte, sollte sich am Baumbestand der Wälder orientieren, denn er wächst nahezu ausschließlich bei Kiefern.
Milchlinge lassen sich aufgrund ihrer Milchfarbe in diverse Gruppen aufteilen. Der Edelreizker und seine Verwandten gehören zu der mit orange-, karotten- oder weinroter Milch, bei denen die Begleitbäume eine wichtige Rollen spielen. Bei Weißtannen wächst der Lachsreizker (Lactarius salmonicolor), ein Charakterpilz im Schwarzwald und in den deutschen Alpen, bei Fichten der Fichtenreizker (L. deterrimus), die wohl häufigste, am wenigsten geschätzte aber durchaus essbare Art der Gruppe. Zu beachten ist, dass die Milch beim Anschnitt der Hüte oder beim Schnitt in die Lamellen nicht in Tropfen hervorquillt, sondern das Fleisch nur nass werden lässt. Sehr gut ist dies zu beobachten, wenn man die hohlen Stiele durchschneidet.
Bei Kiefern finden sich drei Arten, die nicht immer leicht auseinanderzuhalten sind. Am häufigsten ist der Edelreizker. Seine Milch ist karottenrot und verfärbt sich nach einigen Stunden grünlich. Dann lassen sich auch an Hut und Lamellen Grünspan-Verfärbungen erkennen. Auf Hut und Stiel sind karottenrote Grübchen verteilt, auf dem Hut in konzentrischen Kreisen. Sehr viel seltener sind der Blutreizker (L. sanguifluus) mit weinroter Milch und der spangrün verfärbende Kiefernreizker (L. semisanguifluus), dessen Fruchtkörper oft völlig dunkelgrün, dann weinrotbraun verfärben. Bei Weißtannen (z. B. im Schwarzwald) ist der Lachsreizker (Lactarius salmonicolor) ein häufiger Begleiter.
Wo verschiedene Nadelbaumarten zusammenstehen, was vor allem bei Kiefern und Fichten vorkommt, ist die Zuordnung des Fundes zu einer der Baumarten natürlich schwierig oder unmöglich. Dann muss man sich auf andere Merkmale verlassen. So hat der Fichtenreizker im Gegensatz zum Edelreizker keine oder kaum wahrnehmbare rote Grübchen an Hut und Stiel.
Alle rotmilchenden Reizker-Arten gelten als sogenannte Vitalpilze. Sie wirken antiviral, krebshemmend und antibiotisch, sind reich an Vitaminen und Mineralien. Am besten schmecken sie scharf angebraten und dezent mit etwas Salz und Pfeffer gewürzt. Sie lassen sich auch hervorragend als delikate Partyhäppchen zubereiten, wozu man hübsche Figuren aus den Hüten sticht und ebenso die in nicht zu dicke Ringe geschnittenen hohlen Stiele verwendet. Eine würzige Soße zum Dippen erhöht noch den Genuss.
Was man noch wissen sollte, um beim Gang zur Toilette keinen Schreck zu bekommen: Ein in den Edelreizkern enthaltener Stoff färbt den Urin rot, ist aber völlig ungefährlich.