Narrentaschen. Hexenbesen. Kräuselkrankheiten
Mit Karneval hat unser Thema nchts zu tun. Es steigen keine Narren in die Bütt und es reiten keine Hexen auf Besen. Die Gattung Taphrina enthält phytoparasitische Pilzarten, die als Narrentaschen, Hexenbesen und Kräuselkrankheiten bekannt sind. Schon die deutschen Namen verraten, dass es sich um ziemlich außergewöhnliche Pilze handeln muss. In der Tat wurden diese merkwürdigen Gebilde von früheren Generationen eher für Hexenwerk gehalten, moderne Menschen würden sie eher als krankhafte Wucherungen bezeichnen. Es sind jedoch Pilze, die keine eigenen Fruchtkörper ausbilden, sondern Pflanzenteile benutzen, um in ihnen ihre Myzelien anzulegen. Sie bilden ihre Sporen erzeugende Schicht (Hymenium genannt) auf der jeweiligen Oberfläche. Man kann sie als Parasiten bezeichnen, Lebewesen, die auf Kosten anderer leben, ihre Wirtspflanzen jedoch kaum schädigen sondern nur die befallenen Teile deformieren oder unfruchtbar machen.
Die Gattung Taphrina gehört zu den Schlauchpilzen (Ascomyzeten). Die Schläuche (Asci) enthalten stets 8 Sporen. Weltweit sind gemäß der mir zugänglichen Literatur ca. 100 Arten bekannt, in Europa etwa 30. Vermutlich dürften es weit mehr sein. Ihre Bestimmung ist recht einfach, da es in erster Linie darauf ankommt, die befallene Pflanzenart zu erkennen. Zu den Arten, die Früchte befallen, gehören die Narrentaschen.
Unter ihnen ist Taphrina pruni, die Pflaumen-Narrentasche, wohl die häufigste. Befallene Früchte gelangen nicht mehr zur Reife und entwickeln auch keine Kerne.
Hexenbesen wird man kaum einmal aus der Nähe sehen können, da sie in den Kronen der befallenen Bäume gebildet werden. Eine häufige Art ist der Birken-Hexenbesen Taphrina betulina. Ihre dicht büscheligen Verästelungen fallen vor allem während der blattlosen Periode der Bäume auf.
Gekräuseltes gibt es z. B. an Pfirsisch, Traubenkirsche, Roteiche, Ulme oder Fingerkraut. Zu diesen Kräuselkrankheiten zählen Arten, die mehr oder weniger auffallende Deformierungen an Blättern und Blütenknospen verursachen. Diese Wucherungen sind meist blasen- oder beulenförmig und unterscheiden sich auch farblich vom Blattgrün.
Die Pfirsisch-Kräuselkrankheit Taphrina deformans ist eine recht häufige Art, die vor allem an Blättern vielgestaltige Wucherungen bildet. Sie kann auch auf Triebe und Früchte übergehen, was jedoch seltener geschieht und die befallenen Früchte ungenießbar macht.
Taphrina farlowii erscheint an Blättern und Blütenknospen der Spätblühenden Traubenkirsche Prunus serotina, die auch Späte Traubenkirsche genannt wird. Die aus Nordamerika stammende Strauchpflanze erreicht bei uns Höhen von etwa 20 m und gilt als problematischer Neophyt und häufigste invasive Baumart. Sie wurde ab 1623 als Zierpflanze nach Europa importiert. Sie enthält für Mensch und Tier giftige cyanogene Glykoside.
Im Fundkorb sind zur Zeit diese 5 Arten beschrieben:
Taphrina betulina - Birken-Hexenbesen
Taphrina caerulescens - “Roteichen-Kräuselkrankheit”
Taphrina deformans - Pfirsisch-Kräuselkrankheit
Taphrina farlowii - „Traubenkirschen-Kräuselkrankheit“
Taphrina pruni - Pflaumen-Narrentasche
Weiterführende Literatur:
- Klenke & Scholler: Pflanzenparasitische Kleinpilze
- Meike Piepenbring: Mykologie, Seite 307 - 308