Puccinia phragmitis
Großer Ampfer-Schilfrost
Juni 2025: in Parkanlagen, an Straßen-, Weg- und Feldrändern im Rhein-Main-Gebiet finde ich etwa an jeder vierten Ampferpflanze diesen interessanten Rostpilz. Von oben betrachtet sind die runden, violettlichen, meist gelb umrandeten Verfärbungen eher unauffällig und unattraktiv. Ganz anders zeigen sie sich auf den Blattunterseiten. Hier sind die Flecken dicht mit winzigen aber wunderschönen krönchenförmigen Gebilden besetzt, die mit ihrer hellen Farbe deutlich zum dunkleren Untergrund kontrastieren. Man muss jedoch genau hinschauen, am besten mit einer gut vergrößernden Lupe. Es handelt sich um den Großen Ampfer-Schilfrost Puccinia phragmitis.
Sowohl der deutsche Volks- als auch der wissenschaftliche Artname beziehen sich auf Schilf (Phragmitis australis). Drei der hier gezeigten Abbildungen zeigen jedoch als Wirt unseres Rostpilzes Blätter des Gemüse-Ampfers (Rumex patientia). Wir haben es also mit einer von vielen Rostpilzarten zu tun, die einen Wirtswechsel vollziehen. Der Pilz bildet insgesamt vier Sporenlager mit fünf verschiedenen Sporentypen. Die beiden ersten Sporenlager werden auf verschiedenen Ampfer- und Rhabarberarten (Knöterichgewächse), die verbleibenden auf Schilf gebildet. Die ersten Sporenlager, die unauffälligen Spermogonien, werden blattoberseits, die zweiten Sporenlager, die Aecien (Singular: Aecium) findet man blattunterseits. Sie sind weiß, becherförmig und bilden eine eingerissene Hülle, die man als Peridie bezeichnet (siehe Fotos). In den Aecien werden die Aeciosporen gebildet. Wenn diese vom Wind verbreitet werden und auf einem Schilfblatt landen, können rostfarbene (Uredinien, mit Urediniosporen), später schwärzliche polsterartige Lager (Telien, mit Teliosporen) gebildet werden. Die dickwandigen Teliosporen überdauern den Winter und im Frühjahr keimen sie mit zwei mehrzelligen Basidien mit jeweils vier Basidiosporen. Landen die Basidiosporen auf einem Ampferblatt ist der Kreislauf geschlossen und der Wirtswechsel vollzogen.
Rostpilze werden wenig beachtet, aber es lohnt sich dennoch, sich mit ihnen zu befassen und sie zu betrachten. Einige Arten erfreuen das Auge von Naturfreunden mit äußerst attraktiven Erscheinungsformen wie zum Beispiel der Kronenrost Puccinia coronata an Ästen und Trieben des Faulbaums oder der Brennnesselrost Puccinia urticata. Rostpilze oder Rostpilzartige, wissenschaftlich Pucciniales oder Uredinales genannt, sind eine Ordnung der Ständerpilze (Basidiomyzeten). Weltweit gibt es mehr als 8000 Arten, die rund 13 Familien und 115 Gattungen zugeordnet sind. Zu den Gattungen gehören Aecidium, Cronartium, Cumminsiella, Gymnosporangium, Phragmidium, Puccinia, Ramularia und Uromyces, um nur einige der in Deutschland bekanntesten und häufigsten zu nennen.
Ein anderer Rostpilz auf Ampferblättern ist der Ampfer-Rost Ramularia rubella mit kleineren in der Mitte geblichen Flecken.
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Weiterführende Literatur:
- Friedemann Klenke / Markus Scholler: Pflanzenparasitische Kleinpilze
- https://www.phytoparasiten.de/puccinia-phragmitis/
- https://de.wikipedia.org/wiki/Puccinia_phragmitis