Hericium erinaceum

Igel-Stachelbart

(Bull.) Pers. 1797
Familie: Hericiaceae
© Dieter Gewalt
erinaceum = igelstachelig

In Mitteleuropa gibt es vier Stachelbart-Arten, die man sehr gut anhand makroskopischer Merkmale auseinanderhalten kann. Ihre Fruchtkörper sind weiß und verfärben im Alter gelblich, orangerötlich bis bräunlich. Die Sporen werden an den stets nach unten gerichteten Stacheln gebildet.

Hericium cirrhatum (Dorniger Stachelbart): Die kurzen, dornartigen etwa 1 cm langen Stacheln hängen an miteinander verwachsenen dickfleischigen Hüten. An Laubholz, vor allem Buche

Hericium coralloides (Ästiger Stachelbart): Die kurzen bis zu 1,5 cm langen Stacheln hängen in Reihen wie die Zähne eines Kamms an vielfach verzweigten Ästen. An Lauholz, meist an Buche

Hericium erinaceum (Igel-Stachelbart): Die bis zu 3 cm langen Stacheln hängen an Fruchtkörperknollen; ich vergleiche das Aussehen gern mit der Frisur eines Bobtails. An Laubholz (Buche, Eiche)

Hericium flagellum (Tannen-Stachelbart): Die 0,5 bis 2 cm cm langen Stacheln hängen büschelig (nicht reihig!) an den verzweigten Ästen. An Weißtanne

2 Fotos: Norbert Kühnberger

Im englische Sprachraum wird der Igel-Stachelbart “Lion’s Mane Mushroom” (Löwenmähne) genannt. Er wächst sowohl an noch stehenden als auch liegenden Stämmen, gelegentlich auch an Stümpfen.

Bei Google wird man bei Suchbegriffen wie “Igel-Stachelbart” oder “Lion’s Mane Mushroom” mit Anzeigen und Werbung konfrontiert, bevor man auf die erste pilzkundliche Seite trifft. Geworben wird für die Heilkraft des Pilzes von Firmen wie Narayana Versand oder Piping Rock, angeboten werden Präparate in Form von Pilzpulver, Säften oder Kapseln, gelobt werden regenerative, verdauungsfördernde oder Immunsystem stärkende Eigenschaften, versprochen werden Preisnachlässe von 25% und mehr.

Unbestritten ist, dass der Igelstachelbart (und seine nahen Verwandten) als Vitalpilze in der Naturheilkunde und traditionellen chinesischen und japanischen Medizin eingesetzt werden. Bei 123pilze werden Anwendungen bei Magenleiden, Sodbrennen, Hitzewallungen, entzündlichen Darmerkrankungen, Magen-, Dickdarm- und Speiseröhrenkrebs, Nervenerkrankungen, Alzheimer, Unruhe und Angstzuständen genannt und die Zubereitung als vegane Schnitzel empfohlen - letzteres mit dem löblichen Zusatz, nur gekaufte Zuchtpilze zu verwenden. Sämtliche Stachelbärte gelten als selten und dürfen als unterschiedlich stark gefährdete Arten nicht gesammelt werden.

Diese Schutzbedürftigkeit ist differenziert zu sehen. Sammelverbote machen wenig Sinn, wenn einer Pilzart durch systematische Zerstörung der von ihr benötigten Biotope oder Substrate die Lebensgrundlage genommen wird. In “aufgeräumten” Wäldern fehlt ihnen diese Grundlage. Wo dazu übergegangen wird, entsprechendes Totholz auch mal liegen zu lassen, können sich Arten, die auf dieses Substrat angewiesen sind, wieder ansiedeln. In der Rhein-Main-Ebene haben wir dies mehrfach beobachten können. Im Naturschutzgebiet Mönchbruch findet man tote Buchenstämme, die über und über mit Ästigen Stachelbärten bewachsen sind. Seit man im Hainbachtal bei Offenbach oder in der Hintermark bei Dietzenbach tote Buchenstämme liegen lässt, ist die bedrohte Art auch hier wieder da!

Weiterführende Literatur:

Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Dieter Gewalt.
Zuletzt aktualisiert am 8. April 2022