Clathrus archeri

Tintenfischpilz

(Berk.) Dring 1980
Familie: Phallaceae
© Dieter Gewalt
Synonym: Anthurus archeri
archeri = zu Ehren eines Herrn Archer

Die Fruchtkörper des Tintenfischpilzes entwickeln sich aus einem 3 bis 4 cm großen grauen Hexenei, das sich schwabbelig anfühlt und sich schließlich meist am Scheitel in Form von gallertigen Knubbeln öffnet. Daraus strecken sich im nächsten Entwicklungsschritt meist 5 rote schwärzlich punktierte Arme in die Höhe, die zunächst an ihren Spitzen zusammengewachsen sind, sich dann voneinander lösen, nach außen umbiegen und insgesamt eine krakenförmige Gestalt annehmen. Daher der Name Tintenfischpilz.

Ansammlung von Hexeneiern ... ... aus denen schließlich die roten Arme des Tintenfischpilzes hervorbrechen

Zur Verbreitungsstrategie gehört ein für menschliche Nasen abscheulicher Geruch, der Aasfliegen anlockt. Diese nehmen beim Fressen die schwarzgrüne Sporenmasse auf, die sich auf den “Tentakeln” gebildet hat. So verbreiten die Fluginsekten den Pilz in einem Gebiet, das ihrem natürlichen Aktionsradius entspricht.

Aufgeschnitten zeigt das Hexenei bereits die Anlage für den späteren Pilz. In fortgeschrittenerem Entwicklungsstadium, also kurz bevor die Hülle aufbricht, ist bereits die rote Farbe der Tentakeln zu sehen.

Am 28. September 2014 fanden wir in unmittelbarer Nähe des Frankfurter Stadtwaldhauses (wer es noch nicht kennt: ein durchaus lohnendes Ziel) ein in diesem Ausmaß nie zuvor gesehenes Massenvorkommen des Tintenfischpilzes. Unzählige Exemplare befanden sich noch im Hexeneistadium, die voll entwickelten wuchsen zum Teil so dicht gedrängt, dass sie sich ineinander verknäuelten (Fotos unten). In der Regel bildet der Pilz fünf Arme, hier hatten wir einige mit sechs und sogar sieben (Fotos oben). Um dieses ungewöhnliche Ereignis hinreichend dokumentieren zu können, mussten wir für einige Minuten einen schier unerträglichen Gestank ertragen.

Der Tintenfischpilz ist keine indigene (heimische) Art, sondern ein Neobiont, der aus Neuseeland oder Australien nach Europa gekommen ist. Vermutlich wurden seine Sporen um das Jahr 1914 mit einer Schiffsladung Schafswolle eingeschleppt und kurz darauf die ersten Fruchtkörper im Elsass gesichtet. Da die Ausdehnung seines Areals durch seine Verbeitungsstrategie begrenzt war, konnte er nur sukzessive neue Gebiete erobern. Irgendwann wurde der Rhein überschritten und um das Jahr 1960 herum entdeckte ich an einem Waldwegrand bei Buchschlag meinen ersten Tintenfischpilz. Ich hatte ihn schon erwartet, denn seine Ankunft im Rhein-Main-Gebiet war bereits in der pilzkundlichen Literatur vorausgesagt worden. Inzwischen hat er die Ostsee erreicht und wird sich zweifellos noch weiter ausbreiten.

Der Tintenfischpilz gehört in die Verwandtschaft der Stinkmorchelartigen (Phallales). Mehr darüber erfahren Sie hier >.

Weiterführende Literatur:

Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Dieter Gewalt.
Zuletzt aktualisiert am 6. November 2020