Cyathus striatus

Gestreifter Teuerling

(Huds.) Willd. 1787
Familie: Agaricaceae
© Dieter Gewalt
striatus = gestreift

Man hat noch keine brütenden Vögel auf ihnen sitzen gesehen, aber es gibt sie wirklich, diese Vogelnestpilze. Während sie im angelsächsischen Sprachraum den schönen und ihr Aussehen bildhaft beschreibenden Namen „Bird´s Nest Fungi“ tragen, werden bei uns zumindest die häufigeren Arten Teuerlinge genannt. Die etwas unverständlich erscheinende Bezeichnung stammt aus dem Mittelalter, als man anhand der Anzahl in ihnen liegender münzenähnlicher Peridiolen glaubte, auf Teuerungszeiten schließen zu können. Waren es wenige, standen schwere Zeiten bevor. Immerhin heißt auch bei uns die Gattung Nidularia „Nestlinge“.

Foto: Frank Kaster

Die weitaus häufigste Art dieser Gruppe ist der Gestreifte Teuerling. Seine tütenförmigen Fruchtkörper erreichen Durchmesser von etwa einem Zentimeter und werden bis zu 1,5 cm hoch. Obwohl sie oft in Massen auftreten, in keinem Wald fehlen und auch außerhalb z. B. in Parkanlagen zu finden sind, bleiben sie von den meisten Spaziergängern unentdeckt. Macht man auf sie aufmerksam und erklärt, dass es sich um Pilze handelt, erregt man meist ungläubiges Staunen. Sie sind ein schönes Beispiel für die enorme Formenvielfalt im Reich der Pilze, von der die meisten Menschen keine Vorstellung haben.

Die Gestreiften Teuerlinge beginnen ihren Lebenszyklus als rundum struppig bekleidete, zur Basis verjüngte Tönnchen. Bald verschwindet auf dem Scheitel die struppige Bekleidung und macht einem weißen Häutchen Platz, das die Fruchtkörper wie ein Deckelchen verschließt. Auf diesem Häutchen zeigen sich bald bräunliche Punkte, schließlich reißt es auf und verschwindet.

Die einzelnen Fruchtkörper haben sich inzwischen zu tütenförmigen Behältern entwickelt, auf deren Boden sich bis zu 15 etwa 1 bis 2 mm große linsen- oder münzenförmige Peridiolen befinden, in denen die Sporen heranreifen. Jede dieser Peridiolen bleibt zunächst mit einer Art Nabelschnur mit dem Grund der Tütchen verbunden. Bei Reife werden sie durch auftreffende Regentropfen hinauskatapultiert, wobei sie Entfernungen von bis zu 50 cm überwinden können. Da sie eine klebrige Oberfläche besitzen, können sie an in der Nähe stehenden Pflanzen haften bleiben und haben so eine passende Höhe, um die austretenden Sporen vom Wind weiter transportieren zu lassen. Auch Tiere könnten die Pflanzen fressen und auf dem Weg über ihre Verdauung für Verbreitung sorgen. Da die Sporen im Inneren („im Bauch“) der Peridiolen gebildet werden, zählen die Teuerlinge zu den Bauchpilzen.

Gestreifte Teuerlinge wachsen auf einer Vielzahl von Substraten, auf morschem Holz, Zweigen, Zapfen oder Pflanzenresten, besonders gern an Waldwegrändern. Ich habe sie sogar schon auf vermoderndem Karton gefunden.

Um Teuerlinge zu bestimmen, bedarf es weder komplizierter Prozeduren noch mikroskopischer Untersuchungen. Da geht wirklich alles mit bloßem Auge und das ist doch mal eine gute Nachricht für alle, die sich angesichts fachsimpelnder Zystidenjäger ins Abseits gedrängt fühlen. Ein leicht zu handhabender Bestimmungsschlüssel mit allen mitteleuropäischen Teuerlingen (Nestlingen) und Informationen über diese bemerkenswerte Pilzgruppe befindet sich in unserem Beitrag Vogelnestpilze.

Die leeren Tütchen des Gestreiften Teuerlings überdauern selbst strenge Wintermonate mehr oder weniger unbeschadet, sodass vorjährige Exemplare noch bis zum Sommeranfang gefunden und erkannt werden können
Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Dieter Gewalt.
Zuletzt aktualisiert am 30. Juli 2020