Russula viscida

Lederstiel-Täubling

Kudřna 1928
Familie: Russulaceae
© Bernd Miggel
viscida = schlüpfrisch, klebrig

Der Lederstiel-Täubling (Russula viscida) ist ein sehr groß werdender, mild bis scharf schmeckender, geruchloser Cremesporer mit meist violettbraunem Hut, extrem hartem Stiel und einer speziellen KOH-Farbreaktion. Er geht eine Mykorrhiza sowohl mit Laubbäumen (vor allem Rotbuchen und Eichen) als auch mit Nadelbäumen (Weißtannen, Fichten) ein und stellt keine besonderen Ansprüche an den Boden, was als bodenvag bezeichnet wird. Im Schwarzwald ist er ein typischer Pilz des Bergnadelwaldes. Das obige Foto zeigt eine gemischtfarbige Population auf einem Pfad in einem Nadelmischwald über Buntsandstein in 820 Metern Höhe. Häufig ist die Art nicht; in der Roten Liste Deutschlands (2016) wird sie im Gefährdungskriterium „V“ (Vorwarnliste) geführt.

2 Fotos: Eric Schupfnudel (pilzforum.eu)

Makroskopische Merkmale:
Der bis zu 14 cm breite Hut ist im jungen Zustand halbkugelig, breitet sich aber bald aus und bekommt schließlich ein vertieftes Zentrum. Die Huthaut ist glatt, bei feuchtem Wetter klebrig bis schleimig und glänzend und nur am Rand abziehbar. Der Hutrand ist ungerieft. Die Hutfarbe liegt meist bei einem dunklen Violettbraun bis Violettschwarz, dabei gerne auch gelb gefleckt. Es kommen recht häufig auch komplett gelb oder creme gefärbte Hüte vor. Die hier gezeigten Fotos decken nur einen Teil der möglichen Farbpalette ab.

Dunkel purpurfarbener Hut, von unten her bräunender Stiel

Die Lamellen sind ab und zu mit Lamelletten untermischt und nur selten gegabelt, bei reifen Exemplaren creme- bis ockerfarben, bei Verletzung bräunend. Den Stiel kann man als arttypisch bezeichnen: keulig und mit dem Alter von unten her etwa whiskybraun verfärbend. Das Fleisch ist weißlich und bräunt im Schnitt bzw. bei Verletzung, ist im Hutbereich fest und im Stiel holzig hart.

Makrochemische Farbreaktionen: Eisensulfat färbt das Fleisch rosa. Betupft man die Stielbasis mit Kalilauge, entsteht ein auffallender, feuerroter Fleck:

Foto: Eric Schupfnudel (pilzforum.eu)

Sporenstaubfarbe: Lässt man den Sporenstaub über Nacht ausfallen, ergibt sich ein hell cremefarbener Abdruck, IIa-b nach der Farbtafel in MARXMÜLLER, H. (2014).

Geschmack Sporenpulver Abziehbarkeit der Huthaut Chemische Reaktion mit FeSO4
mild bis scharf hell creme nur wenig am Rand rosa

Mikroskopische Merkmale:

Die Sporen sind breit ellipsoid mit einem warzig-gratig-teilnetzigen, bis 0,5 µm hohen Ornament. Ornament und Hilarfleck sind stark amyloid. Die Größe der Sporen liegt bei 7,7 - 10,1 x 6,3 - 8,2 µm, der Schlankheitsgrad Q bei 1,21 - 1,26.

Huthauthaare in SDS-Kongorot

Die Epikutis (Huthaut) besteht aus langen, schlanken, wenig septierten und unverzweigten, akikal meist stumpf gerundeten, 2 - 3,5 µm breiten, dünnwandigen Epikutishaaren und aus zylindrischen bis keuligen, meist einzelligen, in Sulfovanillin schwärzenden, bis 8 µm breiten Pileozystiden. Beide Elemente sind in eine zähschleimigen Huthautmasse eingebettet.

Pileozystiden in Sulfovanillin (vom Exsikkat)

Anmerkungen:
Es kommen mitunter riesige Fruchtkörper mit über 20 cm Hut- und über 4 cm Stielbreite vor.
Die feuerrote KOH-Reaktion auf der Oberfläche der Stielbasis tritt neben dem Lederstieltäubling auch beim Ockertäubling (Russula ochroleuca) und beim Milden Kammtäubling (Russula insignis) auf. Aus diesem Grund hat M. Sarnari 1998 für diese drei Arten eigens eine Subsektion „Subvelatae“ geschaffen.
Das Präparieren der Epikutishaare stellt wegen der zähschleimigen Huthautbeschaffenheit eine kleine Herausforderung dar. Der beste Weg führt über einen manuellen Huthautschnitt am Exsikkat mit scharfer Rasierklinge.

Der Lederstieltäubling ist auf Grund seiner Größe, seines festen Fleisches, seines keuligen, von unten her bräunenden, holzig harten Stiels und der feuerroten KOH-Reaktion an der Stielbasis eine gut erkennbare Art. Verwechslungen können allenfalls vorkommen mit dem Scharfen Brauntäubling Russula adulterina. Dieser besitzt allerdings einen weißen, mit KOH nicht rot verfärbenden Stiel, im reifen Zustand gelbe Lamellen, intensiv gelbes Sporenpulver und größere, isoliert-hochstachelige Sporen. Oder mit dem Purpurschwarzen Täubling Russula atropurpurea. Bei diesem sind aber Lamellen, Stiel und Sporenpulver reinweiß. Zudem ist der Stiel schlank und besitzt nicht die charakteristische, rote Verfärbung mit KOH an seiner Basis.

Weiterführende Literatur:

  • DÄHNKE, R.M. (1993): 1200 Pilze in Farbfotos: 890
  • EINHELLINGER, A. (1985): Die Gattung Russula in Bayern. Hoppea, Denkschr. Regensb. Bot. Ges. 43: Nr. 152
  • GALLI, R. (1996): Le Russule: 348 - 349
  • KIBBY, G. (2014): The genus Russula in Britain: S. 67 - 68
  • KRÄNZLIN, F. (2005): Pilze der Schweiz Bd. 6, Russulaceae: Nr. 216
  • KRIEGLSTEINER, G.J. (2001): Die Großpilze Baden-Württembergs, Bd. 2. Ständerpilze: Blätterpilze I: 505 - 508
  • MARCHAND, A. (1977): Champignons du Nord et du Midi. 5. Les Russules: Nr. 476
  • MARXMÜLLER, H. (2014) - Russularum Icones: 496 - 50
  • MICHAEL, M., Hennig, B. & Kreisel, H. (1983): Handbuch für Pilzfreunde Band V Nr. 12
  • ROMAGNESI, H. (1985): Les Russules d ́Europe et d ́Afrique du Nord: 674 - 676
  • SARNARI, M. (1998): Monographia illustrata del genere Russula in Europa 1: 854 - 861
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Lederstiel-T%C3%A4ubling (abgerufen am 21.6.2023)
  • http://tintling.com/pilzbuch/arten/r/Russula_viscida.html (abgerufen am 21.6.2023)
Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Bernd Miggel.
Zuletzt aktualisiert am 9. August 2023