Morchella conica
Spitzmorchel
Morcheln sind leicht zu erkennen. Sie haben weiße bis gelbliche Stiele, hellbraune bis schwarze, rundliche bis spitzkegelige und typisch gekammerte Hüte, und sie sind von der Hutspitze bis zum Stielgrund hohl. Ihre unterschiedlichen ökologischen Ansprüche sind eine gute Hilfe bei der Bestimmung. Alle Morchelarten sind, zumindest an ihren natürlichen, von Menschen unbeeinflussten Wuchsorten, ziemlich selten.
Die Spitzmorchel zeichnet sich durch meist spitzkegelige, manchmal zipfelmützenartige Hüte aus, die aber auch rundlich geformt sein können. Ihre Farben variieren von oliv über braun bis fast schwarz. Junge Fruchtkörper sind meist heller gefärbt und dunkeln im Alter.
Ihre Größe variiert je nach Witterung und Nährstoffgehalt im Substrat zwischen 3 - 4 und 15 cm, wir haben aber auch schon fast 20 cm hohe Exemplare gesehen. Auch ihre Erscheinungszeit ist abhängig vom Wetterverlauf. In besonders milden Wintern können sie schon Ende Februar erscheinen, ansonsten im März oder April, manchmal auch noch in der ersten Maihälfte. Die ökologischen Ansprüche werden in der Literatur unterschiedlich angegeben. Bei Breitenbach & Kränzlin werden Auwälder, Fichtenwälder, Erlenbrüche, Waldränder, Holzlagerplätze und sogar Brandstellen aufgeführt, dazu die Hinweise gern bei Eschen und kollin bis montan. Ich habe Spitzmorcheln bisher ausschließlich in Verbindung mit Kiefern gefunden, noch nie in einem Auwald oder Erlenbruch, in der Rhein-Main-Ebene in Höhenlagen zwischen 95 und 160 m.
Seit das Mulchen von Bodenflächen in Gärten und Parkanlagen in Mode gekommen ist, hat sich die Spitzmorchel völlig neue Biotope sogar mitten in Großstädten erschlossen. Auf Kiefernrindenmulch und Holzhäckselmischungen, die Kiefernrindenstücke enthalten, sind Vorkommen von mehreren hundert Fruchtkörpern keine Seltenheit. Pilzfreunde, die hochwertige Speisepilze schätzen, holen sich im Fachhandel erworbenes Mulchmaterial in ihre Gärten und dürfen mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 70% mit Morchelwachstum rechnen. Allerdings bleibt es bei einer einzigen Wachstumsperiode. Die im Mulch enthaltenen Nährstoffe sind schnell aufgebraucht, sodass im zweiten Jahr keine oder nur noch sehr wenige Pilze nachwachsen. Wer dauerhaft im eigenen Garten Spitzmorcheln ernten will, sollte jährlich nachmulchen.
Morcheln gelten als hervorragende Speisepilze, die getrocknet in kleinen Tütchen mit ca. 4 bis 5 Pilzen Inhalt in Delikatessabteilungen von Supermärkten angeboten werden, zu Preisen zwischen 9,95 und 19,95 Euro für 20 Gramm! Getrocknet haben sie nach meiner persönlichen Einschätzung sogar ein etwas intensiveres Aroma und lassen sich so auch zu einem würzigen Pilzpulver verarbeiten. In der populären Pilzliteratur werden Morcheln meist ohne Einschränkung zu Speisezwecken empfohlen, wobei ausreichendes Erhitzen grundsätzlich bei nahezu allen Pilzarten vorauszusetzen ist. Gelegentlich finden sich Hinweise auf individuelle Unverträglichkeiten. Bei 123pilze wird auf ein (allerdings sehr selten vorkommendes) Morchella-Syndrom hingewiesen. Symptome: Trunkenheitsgefühl, Zittern, Gleichgewichtsprobleme, Schwindel, Bewegungsstörungen, Blackouts.
In Spanien sorgte im Februar 2019 ein Vergiftungsfall für Aufsehen. Nach einem Abendessen im Sterne-Restaurant Riff in Valencia zeigten sich bei 16 Gästen Symptome einer Lebensmittelvergiftung; eine 46-jährige Frau starb. Nach Angaben der regionalen Gesundheitsbehörde sollen aus China importierte Morcheln die Ursache gewesen sein. Das Lokal blieb wochenlang geschlossen. Bei einer Durchsuchung der Importfirma, die das Restaurant beliefert hatte, wurden diffuse Herkunftspapiere gefunden und Unregelmäßigkeiten bei den Einfuhrdeklarationen festgestellt. In der Berichterstattung über den Vergiftungsfall finden sich keinerlei Hinweise auf eine verlässliche Analyse der Pilze, wie sie eigentlich problemlos hätte erfolgen können. Zudem verbinde ich mit den Begriffen China und Morcheln die sogenannten Chinamorcheln, die mit echten Morcheln nicht verwandt und in Deutschland als Judasohren (Auricularia auricula-Judae) bekannt sind. Aber die sind gesundheitlich völlig unbedenklich.
Bei der Kartierung von Spitzmorcheln (Beispiel für Hessen) entsteht ein völlig falsches Verbreitungsbild, wenn Funde auf Kiefernrindenmulch mit einbezogen werden. Diese sind von Menschen verursacht und beeinflussbar, haben also nichts mit dem natürlichen Verbreitungsareal der Pilze zu tun.