Lactarius azonites

Rauchfarbener Milchling

(Bull.) Fr. 1838
Familie: Russulaceae
© Bernd Miggel
azonites = ungezont
Der kleine Fruchtkörper unten links zeigt die roten Farbzonen von der sich umfärbenden Milch. Foto: Frank Kaster

Im August 2023 schickte mir Pilzfreund Dieter Gewalt den frischen Hut eines Milchlings mit der Bitte, die Art zu bestimmen. Wie sich dann herausstellte, handelt es sich um den Rauchfarbigen Milchling Lactarius azonites. Die Art stellt einen typischen Vertreter der Gruppe der „Korallenreizker“ (Sektion Plintogali) dar. Allen neun in Deutschland vorkommenden Arten dieser Sektion ist gemeinsam, dass ihre Milch bei Verletzungen reinweiß hervortritt, sich danach aber innerhalb mehrerer Minuten ins Rote umfärbt. Der Rauchfarbene Milchling bevorzugt basenreiche Böden und geht eine Mykorrhiza vorzugsweise mit Eichen oder Rotbuchen ein. Am Fundort dürfte der Kalkeintrag durch die Schotterung des Waldwegs erfolgt sein. Die Rote Liste gefährdeter Pilze Deutschlands (2016) führt ihn als ungefährdet.

Foto: Dieter Gewalt

Wir haben es mit einer nur mäßig großen Art mit Hutbreiten von bis zu 8 cm zu tun. Der Hut ist zunächst konvex, verflacht bald und bekommt im ausgewachsenen Stadium eine vertiefte Mitte. Gerne sind die Hüte unregelmäßig gelappt. Die Hutoberfläche ist fein samtig bereift und im feuchten Zustand etwas schmierig. Der Hutrand junger Exemplare ist meist glatt, bei älteren Exemplaren oft gekerbt oder gefurcht. Die Namensbezeichnung „rauchfarben“ scheint mir bei Betrachtung der abgebildeten Fruchtkörper nicht ganz passend zu sein. Der Hut ist eher blass ocker, milchkaffeefarben, hell rauchgrau oder auch cremefarben bis weißlich gefärbt, immer relativ hell. Dabei erscheinen die Farbtöne meist nicht klar, sondern eher trüb „wolkig“ und sind auf dem Hut mitunter ungleichmäßig verteilt.

Weißer Stiel mit hellrosa Druckstellen (Foto: Dieter Gewalt)

Die Lamellen sind recht ungleichmäßig gewachsen, mal stehen sie eher entfernt, mal stehen sie dicht. Außerdem sind sie meist stark mit Lamelletten untermischt, oft in Stielnähe gegabelt und bei älteren Fruchtkörpern queradrig verbunden. In der Farbe entwickeln sie sich von creme über ocker bis hin zu blass orange. Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen die Stiele. Sie sind zylindrisch und stets heller als der Hut, meist rein weiß oder cremefarben. Das Fleisch ist fest und weiß. Im Schnitt verfärbt es sich innerhalb von Minuten zu Hellrosa um. Der Geschmack des Fleisches wird in der Fachliteratur mit mild bis bitterlich oder schärflich angegeben. Ich persönlich fand ihn mild. Ein typischer Geruch wurde nicht festgestellt. Die leicht scharfe Milch tritt üppig und weiß aus verletzten Stellen hervor, verfärbt dann das benetzte Fleisch rosa und trocknet rosa aus. Lässt man die Milch auf einen Objektträger abtropfen, bleibt sie weiß.

Der Pilz gilt wegen seines unangenehmen Geschmacks als ungenießbar.

Mikroskopische Merkmale:

Der Rauchfarbene Milchling besitzt die für die Korallenreizker typischen, hochgratigen Sporen. Sie sind bei ihm rundlich und besitzen eine vorwiegend aus bis zu 1,5 µm hohen Graten mit aus offenen und geschlossenen Maschen bestehender Ornamentation. Isolierte Warzen sind nur wenige vorhanden. Die Ornamente sind amyloid, am Hilarfleck ist das nur am äußeren Ende der Fall. Die Maße sind 6,3 - 8,0 x 6,1 - 7,3 µm, der Schlankheitsgrad Q beträgt 1,05 - 1,09. Die Sporen des Fotos sind mit Melzers Reagenz angefärbt.

Mikroskopiert man die Lamellen, wird man weder an der Lamellenschneide noch an der Lamellenfläche echte Zystiden („Makrozystiden“) finden. An der Lamellenschneide sind lediglich dünnwandige Marginalzellen vorhanden. Nach der Fachliteratur sollte die Lamellenschneide steril sein. Das scheint aber aus meiner Sicht nur bedingt zu stimmen: Einige wenige Basidien können immer mal sichtbar sein. Sie sind zwei- oder viersporig.

Sporen -- Lamellenschneide -- Radialschnitt der Huthaut (3 Mikrofotos von Bernd Miggel)

Die Huthaut besteht aus einer Schicht sogenannter „pseudoparenchymatischer Hyphen“, das sind mehr oder weniger subglobose Zellen, aus denen schlanke Hyphenenden hervorgehen. Zur Veranschaulichung wurden zwei dieser Hyphen nachgezeichnet. Lamellenschneide und Huthaut wurden in NH3-Kongorot präpariert. Die bei feuchtem Wetter auffällige Schmierigkeit der Huthaut ist wohl auf eine minimale Verschleimung zurückzuführen, die mikroskopisch nur schwer nachzuweisen sein dürfte.

Aquarell von E. W. Ricek aus Michael/Hennig/Kreisel: Handbuch für Pilzfreunde Band V

Belege (Exsikkate) sind hinterlegt im Fungarium KR (Staatl. Museum für Naturkunde Karlsruhe)

Änliche Arten:

Rosaanlaufender Milchling (Lactarius acris). Der Hut ist sehr schleimig, die Milch verzögert sehr scharf und verfärbt sich auch ohne Kontakt mit dem Fleisch rosa.
Rußfarbiger Milchling (Lactarius fuliginosus). Eine sehr ähnliche Art. Allerdings sind die Stiele wesentlich dunkler als bei unserer Art.
Flügelsporiger Milchling (Lactarius pterosporus). Bei ihm ist die Huthaut meist deutlich radial gerunzelt. Die Sporenornamentation besteht aus bis zu 2,15 µm hohen Graten.
Pechschwarzer Milchling (Lactarius picinus). Ein Fichtenbegleiter mit sehr dunklem Hut und dunklem Stiel.
Mohrenkopf-Milchling (Lactarius lignyotus). Eine mild schmeckende Art der Fichtenwälder, mit schwarzbraunem Hut und Stiel sowie im krassen Gegensatz dazu stehenden kreideweißen Lamellen.
Fleischblasser Milchling (Lactarius pallidus). Komplett cremefarbiger Fruchtkörper mit klebrig-schleimigem Hut sowie echten Cheilo- und Pleurozystiden („Makrozystiden“), die in Sulfovanillin schwärzen. Sporenornamentation zebriert, d.h. aus parallel verlaufenden Graten bestehend. Die Huthaut besteht aus schräg verlaufenden, in eine schleimartige Masse eingebetteten Hyphen (einem „Ixotrichoderm“).

Weiterführende Literatur:

Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Bernd Miggel.
Zuletzt aktualisiert am 28. August 2023