Cortinarius orellanus

Orangefuchsiger Raukopf

Fr. 1838
Familie: Cortinariaceae
© Dieter Gewalt
Untergattung Leprocybe, neu Orellani
orellanus = zum Gebirge gehörend
Fotos: Georg Schabel

Der Orangefuchsige Raukopf war Pilz des Jahres 2002 und wurde von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie mit nachfolgendem Text der Presse vorgestellt:

Er gehört nicht zu den auffälligen Pilzen im Lande, und er kommt auch nicht überall vor. Dennoch sollte ihn jeder kennen, der beim Sammeln von Speisepilzen keine unliebsamen Überraschungen erleben will: Der Orangefuchsige Raukopf ist einer der gefährlichsten Giftpilze Europas und rangiert auf der Skala der lebensbedrohenden Arten gleichauf mit den gefürchteten Knollenblätterpilzen. Der flach gewölbte, trockene Hut des allenfalls mittelgroßen Pilzes (Durchmesser bis 9 cm) zeigt in allen Teilen ein warmes Orangebraun. Auf der Hutunterseite erkennt man breite, ziemlich entfernt stehende, am Stielansatz gerade angewachsene bis ausgebuchtete Lamellen. Der messing- bis goldgelbe, oft etwas gebogene, bis 10 cm lange Stiel kann am Grund leicht geschwollen, aber auch zugespitzt sein. Spinnwebartige gelbliche Reste einer Cortina (Schleier) verraten zusammen mit dem rostbraunen Sporenpulver den Schleierling (Cortinarius sp.). Diese große Lamellenpilzgattung, zu der auch die Rauköpfe gehören, umfasst allein in Mitteleuropa mehrere hundert Arten. Man findet den Orangefuchsigen Rauhkopf vom Spätsommer bis in den Herbst in trockenen Laubwäldern auf sauren Böden, gerne unter Buchen, Hainbuchen und/oder Eichen in wärmebegünstigten Lagen. Sein nächster Verwandter, der ebenfalls giftige Spitzgebuckelte Rauhkopf (Cortinarius rubellus), ist dagegen vor allem in feuchten Moorwäldern mit Kiefern, Fichten und Heidelbeeren zu finden und kann dort in manchen Jahren sehr häufig sein. In der Farbe ähnlich, unterscheidet er sich vor allem durch seine auffällig gebuckelte Hutmitte und den mit gelben Zonen genatterten Stiel. Beide Rauhköpfe sind von unvorsichtigen Pilzsammlern mit dem Hallimasch oder sogar mit Pfifferlingen verwechselt worden und verursachen in Europa fast jedes Jahr schwere Vergiftungen. Sie enthalten das Gift Orellanin, das vor allem die Nieren schädigt. Erst in den Fünfzigerjahren des vorigen Jahrhunderts erkannten polnische Wissenschaftler in Cortinarius orellanus die Ursache für zahlreiche Pilzvergiftungen mit tödlichem Ausgang. Die Beweisführung wurde dadurch erschwert, dass die Vergiftungssymptome (ähnlich wie bei Knollenblätterpilzen) erst nach einer Latenzzeit von drei bis vierzehn Tagen auftraten, oft also zu einem Zeitpunkt, da kaum einer der Betroffenen noch an die fatale Mahlzeit dachte und das Gift den Körper bereits schwer geschädigt hatte. Giftige Pilze sollte man kennen, aber nicht zerstören. Die beiden hier geschilderten Arten sind Mykorrhizapilze, das heißt sie leben in Symbiose mit Bäumen und sind dementsprechend wertvolle Bestandteile des Ökosystems Wald. Unabhängig von ihrer kulinarischen Verwertbarkeit werden seltene und bedrohte Arten auf „Roten Listen“ zusammengefasst. Zu ihnen gehört auch der Orangefuchsige Raukopf, dem wie vielen anderen Mykorrhizapilzen Luftschadstoffe und die zunehmende Überdüngung mit Stickstoff zusetzen.”

Ich habe diesen Pilz während meiner Aufenthalte in der Schwarzwälder Pilzschule bei Walter Pätzold kennengelernt, aber selbst dort nur ein- oder zweimal zu Gesicht bekommen. In Hessen ist er lt. DGfM-Online-Kartierung fünfmal gefunden worden, jeweils in etwas höheren Mittelgebirgslagen. Im Flachland wird man ihn vermutlich nicht antreffen. Er gehört zur Untergattung Leprocybe, die in der Rhein-Main-Ebene durch den recht häufigen und gut kenntlichen Rotschuppigen Raukopf (Cortinarius bolaris) vertreten ist.

Fotos: Geotg Schabel

Alle Fotos auf dieser Seite sind von Georg Schabel in einem Roteichenforst am Meteorkraterrand im Steinheimer Becken (Baden-Württemberg, Landkreis Heidenheim) aufgenommen worden.

Anmerkungen zum Giftstoff Orellanin:
Die Symptome beginnen nach der oft langen Latenzzeit (2 - 17 Tage) mit Übelkeit und Erbrechen. Es folgen Schmerzen im Lendenbereich infolge der beginnenden Nierenschädigung, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen sowie starkes Durstgefühl, eventuell auch Schüttelfrost. Nach einer rechtzeitigen Intensivtherapie bessert sich bei 50% der Betroffenen die Nierenfunktion innerhalb einiger Wochen ohne weitere Nachbehandlung. Bei den anderen 50% ist eine Hämodialyse (Blutreinigung außerhalb des Körpers) über einen begrenzten Zeitraum oder auch dauerhaft erforderlich.

Weiterführende Literatur:

Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Dieter Gewalt.
Zuletzt aktualisiert am 2. Februar 2021