Artomyces pyxidatus

Becherkoralle

(Pers.) Jülich 1982
Familie: Auriscalpiaceae
© Dieter Gewalt
Synonym: Clavicorona pyxidata
pyxidatus = becherartig

22.08.2010. Der Besuch auf dem Waldfreizeitgelände bei Jügesheim hatte bereits gut angefangen. Unbeachtet von den Grillplatzbesuchern wuchsen Steinpilze, Pfifferlinge und andere bemerkenswerte Arten auf dem lichten Areal. Höhepunkt des Tages war dann ein Fund, bei dem ich vor Freude fast ein Rad geschlagen hätte. Obwohl ich diesen Pilz noch nie gesehen und seinen Namen nicht parat hatte, wusste ich ihn sofort zuzuordnen. Zu Hause brauchte ich nur in Hermann Jahns „Pilze die an Holz wachsen“ zu blättern, um ihn benennen zu können. Becherkoralle war sein Name, damals noch als Clavicorona pyxidata geführt und vom Autor in Schweden gefunden. Hier auf dem Freizeitgelände hatte er einen der morschen Baumstämme, die als Weg- und Parkplatzbegrenzungen auf dem Boden liegen, mit nicht weniger als 14 großen eindrucksvollen Fruchtkörpern besiedelt. Hermann Jahn beschrieb die Becherkoralle wie folgt:

„Dieser schöne Pilz ähnelt auf den ersten Blick den großen Korallenpilzen der Gattung Ramaria, ist aber mit diesen überhaupt nicht verwandt. Schon die Astspitzen und der Verzweigungstyp sind eigenartig: Die fast senkrecht aufsteigenden Äste erweitern sich oben zu einem becherförmig eingeftieften Gipfel. Von dessen Rand erheben sich quirlförmig etwa 4 bis 6 jüngere Äste. Dies kann sich bei großen Fruchtkörpern mehrfach wiederholen. Die obersten Zweigenden sind wieder becherförmig. Dieser „pyxidate“ Verzweigungstyp tritt auch bei einigen Becherflechten auf, besonders bei Cladonia pyxidata. […] Die Farbe der Becher- oder Kandelaberkoralle ist anfangs hell gelblich, im Alter an den oberen Ästen blass gelblich, abwärts hell gelblich bräunlich. […] Die Becherkoralle ist die einzige große, verzweigte Art der Gattung in Europa.“

Verständlich, dass man sich bei einem so exponierten Standort Sorgen um das Überdauern der Rarität macht. Nach einem Anruf beim zuständigen Umweltamt wurde mir auch sofort zugesichert, alles Erforderliche zum Schutz der seltenen Art zu veranlassen. Dass diese Maßnahme gerade noch zur rechten Zeit erfolgte, erfuhr ich ein paar Tage später. Die morschen Stämme sollten tatsächlich entfernt und durch frisch geschlagene ersetzt werden.

Die Becherkorallen hielten noch zwei oder drei Jahre an ihren Holzstämmen aus, bis diese den Vermorschungstod gestorben waren, an dem die attraktiven Pilze ohne Zweifel fleißig mitgewirkt hatten.

Später gelangen weitere Funde: u. a. am 13.09.2014 bei Bayerseich, am 16.07.2017 im Gebiet „Gebranntes Loch“ zwischen Dietzenbach und Gravenbruch und in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren an toten Eichenästen im Steinberger Wald. Auffällig bei diesen: Die Fruchtkörper waren deutlich heller und oft auch kleiner als die vom Freizeitgelände Jügesheim.

Weiterführende Literatur:

Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Dieter Gewalt.
Zuletzt aktualisiert am 31. Dezember 2021