Gymnopus graveolens

Sklerotien-Blasssporrübling

(G. Poirault ex Boud.) Antonín & Noordeloos 1997
Familie: Omphalotaceae
© Dieter Gewalt & Bernd Miggel
Synonym: Gymnopus impudicus
graveolens = stark riechend
20. September 2022, Parkanlage in Dietzenbach (Carré Rodgaustraße), TK 5948.4.3

Mit dem Sklerotien-Blasssporrübling Gymnopus graveolens stellen wir hier eine sehr seltene Art vor, die in Deutschland bisher erst zehn Mal gefunden wurde und darüberhinaus nur in Italien und Spanien nachgewiesen ist. Es handelt sich um einen kleineren, dünnfleischigen, schokoladenbraunen Pilz, nach Antonin & Noordeloos den einzigen Blassspor-Rübling mit einem Sklerotium. Die Fundstelle befindet sich in einer auf einem Tiefgaragendach angelegten Parkanlage, die nach monatelanger Dürre dank ergiebiger Niederschläge gut durchfeuchtet war. Etwa 30 bis 40 Fruchtkörper wuchsen auf nahezu blanker Erde und einer angrenzenden zuvor völlig vertrockneten Grasfläche zwischen Sträuchern und einem Apfelbaum. Die ersten Pilze wurden am 15. September 2022 bemerkt, die Vegetationszeit dauerte bis etwa zum 26. an.

Die 2 - 3 cm breiten Hüte waren in der Mitte zumeist etwas vertieft, ihre schokoladenbraune Farbe war zum gerieften, etwas herabgebogenen Rand hin heller. Aufgrund ihrer Hygrophanität verblassten die Farben beim Trocknen. Die rosabräunlichen etwas bauchigen Lamellen waren mehrfach mit Lameletten untermischt und am Stiel leicht ausgebuchtet angewachsen, die Lamellenschneide heller als die Fläche. Die rotbraunen oft etwas verbogenen Stiele waren zäh und hohl und zur Basis hin weißfilzig. Auffällig war die am Exsikkat eintretende Farbänderung. Die Hutoberseiten wurden grau, die Lamellen nahezu schwarz. Das Sporenpulver war weiß.

Bemerkenswert sind Geruch und Geschmack. Erfahrungsgemäß nehmen unterschiedliche Nasen einen Geruch recht unterschiedlich wahr, im Falle von Gymnopus graveolens teils knoblauchartig, teils fischig. Auf dem Postweg verschickte Fruchtkörper, die vier Tage lang (!) unterwegs waren, rochen penetrant nach Knoblauch. Dieter Gewalt beschrieb den Geschmack frischer Pilze so: zuerst muffig, nach gründlichem Zerkauen bitter, nach dem Ausspucken anhaltend und ekelhaft bitter, wobei sich der üble Gescmack selbst bei mehrfachem Mundspülen mit Wasser nur langsam verflüchtigte.

24. Mai 2023, Parkanlage in Dietzenbach (Carré Rodgaustraße) -- Foto rechts: Fruchtkörper mit Sklerotienknolle

Im Mai des folgenden Jahres erschienen die Pilze wieder an der gleichen Stelle, wiederum in großer Zahl. Diesmal konnte auch die harte Sklerotienknolle an der Stielbasis erkannt werden (siehe 2. Foto oben).

2- und 4-sporige Basidien (in SDS-Kongorot) Marginalzelle

Mikroskopische Merkmale des Fundes:
Der Hymenialbereich besteht aus schlanken, teils kopfigen, teils keuligen 2- und 4-sporigen Basidien mit Basalschnallen. An der Lamellenschneide sind zudem dünnwandige Marginalzellen spärlich vorhanden (Fotos oben).

Sporen: inamyloid, glatt, dünnwandig und ellipsoid bis mandelförmig. Maße von 30 repräsentativen Sporen, gemessen in Wasser: 5,1-7,7 x 3,1-3,9 µm
Hutdeckschicht in SDS-Kongorot

Siderophilität der Basidien und Basidiolen:
Bei der Bestimmung der Gattung unseres Fundes hatte man zu beantworten, ob die Basidien eine siderophile Granulation aufwiesen. Daraufhin wurde das Hymenium in Nigrosin untersucht (vereinfachtes Verfahren nach Marcel Lecomte und Michel Blaise). In sämtlichen Basidien und Basidiolen zeigte sich eine deutliche (siderophile) Granulation „sg“.

Basidien & Basidiolen, in Nigrosin untersucht

Anmerkungen von Bernd Miggel:
Die siderophile Granulation in den Basidien und Basidiolen war mir bisher für Arten der Gattung Gymnopus nicht bekannt.
Beim Trocknen dunkeln die Fruchtkörper stark nach, insbesondere die Lamellen, so dass man, im Zusammenhang mit der Siderophilie der Basidien, den Eindruck einer schwärzenden Lyophyllumart haben könnte.
Das Vorhandensein von Sklerotien konnte leider nicht untersucht werden, da zum Zeitpunkt der Artbestimmung keine Fruchtkörper mehr am Fundort aufzufinden waren.

Belege (Exsikkate) sind hinterlegt in den Fungarien KR (Staatl. Museum für Naturkunde Karlsruhe), STU (Staatl. Museum für Naturkunde Stuttgart), TUF (Universität Tartu, Estland)

Weiterführende Literatur:

  • ANTONIN, V. & NOORDELOOS, M.E. (2010): A monograph of marasmioid and collybioid fungi in Europe: 226-230. – IHW-Verlag, Eching
  • BRESINSKY, A. & BESL, H. (2003): Schlüssel zur Gattungsbestimmung der Blätter-, Leisten- und Röhrenpilze. Regensburger Mykologische Schriften Band 11
  • GRÖGER, F. (2006): Bestimmungsschlüssel für Blätterpilze und Röhrlinge in Europa, Teil 1: 227. Regensburger Mykologische Schriften 13
  • GRÖGER, F. & HUTH, M. (1982) - Collybia graveolens. Boletus Jg. 6 Heft 4: 69-74
  • LECOMTE. M. (2019): Microscopie et Champignons: 123. – Association des Mycologiques Francophones de Belgique
  • LUDWIG, E. (2012): Pilzkompendium Bd. 3: Nr. 105.1. - Fungicon-Verlag, Berlin
  • http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/parchive2009.pl?noframes;read=161444
  • https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=44888.msg331229#msg331229
Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Dieter Gewalt & Bernd Miggel.
Zuletzt aktualisiert am 25. Mai 2023