Amanita phalloides

Grüner Knollenblätterpilz

(Vaill. es Fr.) Link 1833
Familie: Amanitaceae
© Dieter Gewalt
phalloides = einem Phallus ähnlich

Mit einem Anteil von ca. 90 Prozent aller tödlich verlaufenden Pilzvergiftungen in Mitteleuropa ist der Grüne Knollenblätterpilz der mit Abstand gefährlichste Giftpilz. Jeder Pilzsammler sollte ihn genau kennenlernen. Dazu besteht zumindest in der Rhein-Main-Ebene ausreichend Gelegenheit, denn er ist hier in geeigneten Wäldern recht häufig. Er lebt in Symbiose (Mykorrhiza) mit verschiedenen Laubbäumen, ganz überwiegend mit Eichen, gefolgt von Buchen und Hainbuchen. Manchmal genügt ein eingestreuter unauffälliger Eichensämling, um ein Wachstum im Nadelwald vorzutäuschen.

Wichtigstes Kennzeichen ist die sackartige häutige Scheide an der Stielbasis in Verbindung mit einer Stielmanschette (Stielring). Auf den obigen Fotos ist sehr schön zu sehen, wie der Pilzhut aus einer den ganz jungen Pilz völlig umschließenden Hülle schlüpft. Dies erklärt die Entstehung der häutigen Scheide, die beim ausgewachsenen Pilz in der Laubstreu verborgen sein kann. Die grüne Hutfarbe ist dagegen kein verlässliches Merkmal. Sie kann von fast weiß über hell gelblich, gelbgrün bis dunkel grasgrün variieren. Darüberhinaus existiert eine rein weiße Varietät, nicht zu vergessen zwei weiße, ebenfalls tödlich giftige Knollenblätterpilzarten, die in Mitteleuropa jedoch sehr viel seltener sind (Frühlings-Knollenblätterpilz Amanita verna, Kegelhütiger Knollenblätterpilz Amanita virosa).

Knollenblätterpilze enthalten nicht nur einen Giftstoff sondern gleich ein ganzes Dutzend, die unterschiedliche Symptome verursachen. Das typische Phalloides-Syndrom zeigt einen zweiphasigen Verlauf bei einer Latenzzeit von 6 bis 24 Stunden. Die erste Phase besteht aus plötzlich einsetzender Übelkeit mit Bauchschmerzen und Bauchkoliken, verbunden mit Erbrechen und wässrigen, schließlich blutigen Durchfällen. Nach einer trügerischen Besserung setzt die zweite (hepatorenale) Phase mit Druckempfindlichkeit der Leber, Gelbsucht, Magen- Darmblutungen, Oligurie und Anurie (Funktionsminderung der Nieren) und Bewusstseinsstörungen ein. Ohne klinische Behandlung endet diese in der Regel mit dem Tod, der meist 4 bis 7 Tage nach der Pilzmahlzeit eintritt (Bresinski / Besl: Giftpilze)

Weiße Varietät des Grünen Knollenblätterpilzes (var. alba)

Hier eine stichwortartige Zusammenfassung der wichtigsten Eigenschaften und Merkmale des Grünen Knollenblätterpilzes:

Hut: 3 – 15 cm Ø, grün, olivgrün, bräunlich grün, gelblich, nahezu weiß. Manchmal mit anhaftenden Resten des Velum universale. Man beachte eine rein weiße Varietät (Foto links). Huthaut häutig dünn und abziehbar
Lamellen: weiß und weiß bleibend, eng stehend, frei = nicht dirket am Stiel angewachsen
Stiel: 8 – 15 cm lang, 1 – 2 cm dick, weiß, gelbgrünlich, oft genattert, längsfaserig, zwiebelig verdickte Basis in einer häutigen Scheide steckend. Stielring weiß, häutig, hängend, oberseits fein gerieft, leicht vergänglich
Fleisch: weiß, unter der Huthaut gelbgrünlich
Geruch: jung nahezu geruchlos, später süßlich bis aasartig
Geschmack: keineswegs unangenehm, mild, süßlich. Keinesfalls Geschmacksproben vornehmen! Es ist dokumentiert, dass sich Pilzsammler, die Champignons mit Knollenlätterpilzen verwechselt haben, dahingehend geäußert haben, dass „die Champignons noch nie so gut geschmeckt hätten“!
Sporenpulverfarbe: weiß

Dass ein tödlich giftiger Pilz eine ästhetische Schönheit sein kann, beweist dieses gerade aus der Hülle geschlüpfte Exemplar

Verwechslungen mit essbaren Champignons sind auf fahrlässigen Leichtsinn und Blindheit für eindeutige Merkmale zurückzuführen, etwa so, als könne man einen Apfel nicht von einer Orange unterscheiden. Champignons haben nie rein weiße Lamellen. Diese sind jung zartrosa und verfärben sich zunehmend über braun zu schwarz. Champignons haben niemals eine häutige Scheide am Stielgrund.

Bemerkenswerter Zufall: die weißen Hüllreste auf der Huthaut haben die Form eines stilisierten Pilzes (Garantiert keine Manipulation)

Ältere Pilzbücher verwenden für die Darstellung von Pilzen Aquarelle, die im Vergleich mit Fotografien oft eine bessere Aussagekraft haben. Hier eine Illustration von Gabriele Gossner (in: Hans Haas - Pilze Mitteleuropas, 1964)

Weiterführende Literatur:

Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Dieter Gewalt.
Zuletzt aktualisiert am 18. Juli 2021